Warum machen die Schülerinnen und Schüler bei uns ein Sozialpraktikum?
In unserem Schulleitbild steht: Das Zusammenleben an unserer Schule ist geprägt von Verantwortlichkeit, Gewaltlosigkeit, Zivilcourage und Respekt. Diesen Leitvorstellungen entsprechend ist auch unser Sozialpraktikum gestaltet. Es wurde ins Schulcurriculum aufgenommen und ist Teil des Stundenplans.
Im Sozialpraktikum ermutigen und befähigen wir Schülerinnen und Schüler dazu, auch außerhalb der Schule zu lernen und ihre eigene Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft wahrzunehmen. Sie machen dabei prägende Erfahrungen in sozialen Aufgabenfeldern und lernen Menschen kennen, die auf Betreuung angewiesen sind und ihnen viel geben können.
Das Sozialpraktikum soll kein Berufspraktikum sein! Im Mittelpunkt steht der Erwerb sozialer Kompetenzen in der Begegnung mit Menschen, mit denen die Schülerinnen und Schüler eher selten in Kontakt kommen. Es handelt sich um alte oder kranke Menschen, um obdachlose, hilfsbedürftige Menschen in der Orts- und Pfarrgemeinde, um behinderte und therapiebedürftige Menschen. Auch an Menschen, die in so genannten sozialen Brennpunkten leben, ist zu denken. Dabei werden Kompetenzen wie Respekt, Einfühlungsvermögen, Zuwendung und Hilfsbereitschaft gegenüber den Mitmenschen gefördert und weiterentwickelt. Auch Hemmschwellen, Berührungsängste und Vorurteile können abgebaut werden. Die gemachten Erfahrungen wirken sich auch darauf aus, in welcher Weise sie sich als Jugendliche und später als Erwachsene in die Gesellschaft einbringen und die Bedeutung sozialer Einrichtungen für das Gemeinwohl wertschätzen werden.
Das Sozialpraktikum soll nicht einfach und bequem sein. Die Schülerinnen und Schüler sollen bewusst ihre „Komfortzone“ verlassen und sich einer echten (individuellen) Herausforderung stellen. Wenn sie diesen Mut aufbringen, können sie persönlich wertvolle und nachhaltige Erfahrungen machen, die auch ihre Sicht auf das Leben verändern werden.
Wo können die Schülerinnen und Schüler das Sozialpraktikum absolvieren?
Folgende Einrichtungen kommen generell in Frage: Seniorenheime, Tagespflege-Stätten, Krankenhäuser, Kliniken mit Therapie-Angeboten, (Pfarr-)Gemeinden mit ihren sozialen Diensten, Obdachloseninitiativen, Tafeln, Einrichtungen, die Sozialarbeit anbieten, Heime für behinderte Menschen, Sonderschulen sowie integrative und therapeutische Einrichtungen. Die Schülerinnen und Schüler erhalten eine Liste mit möglichen Einrichtungen in der Umgebung . Natürlich können sich die Schülerinnen und Schüler auch selbstständig passende Einrichtungen suchen.
Warum sind Kindergärten und Schulen ausgeschlossen?
Im Hinblick auf die Zielsetzung des Praktikums, nämlich sich von Menschen berühren zu lassen, denen mit Vorurteilen begegnet wird, die schlicht übersehen werden und deren Beitrag für unsere Gesellschaft häufig nicht wahrgenommen oder unterschätzt wird, kommt ein Kindergarten oder eine Schule nicht in Frage, es sei denn, es handelt sich um eine integrative oder eine reine Behinderteneinrichtung. Diese Regelung soll helfen, dem Anspruch unseres Praktikums gerecht zu werden, der besagt, dass sich die Schülerinnen und Schüler eine herausfordernde Tätigkeit suchen und sich einmal auf etwas wirklich Neues einlassen sollen.
Wie ist das Sozialpraktikum organisiert?
Jede Schule erhält sogenannte Poolstunden zugewiesen, die sie für eigene schulische Konzepte/Angebote nutzen muss. Einige dieser Poolstunden müssen bei allen Schülern ankommen, das heißt sie sind für die Schüler zusätzlich zum normalen Fachunterricht verpflichtend.
Man könnte es sich so vorstellen, dass bei den Schülerinnen und Schülern in Klasse 9 eine Stunde „Sozialkompetenz“ auf dem Stundenplan stünde. Dies würde eine Wochenstunde mehr bedeuten und zwar ein ganzes Schuljahr lang. Die Stundentafeln in Klasse 9 und 10 sind mit 35-37 Wochenstunden prall gefüllt. Dadurch haben die Schülerinnen und Schüler häufig Nachmittagsunterricht, was sie sehr fordert. Damit die Zusatzbelastung gering bleibt, teilen wir diese Poolstunde und machen das Sozialpraktikum in Klasse 9 in der unterrichtsfreien Zeit und die Ersthelfer Ausbildung in Klasse 10 in Modulform.
Die Schülerinnen und Schüler können das Sozialpraktikum also an allen unterrichtsfreien Tagen, während sie sich in der 9. Klasse befinden, ableisten. Der Umfang umfasst ca. 20 Wochenstunden, was ca. 3 Tage Aufenthalt/Mitarbeit in der sozialen Einrichtung bedeutet. Nur in Ausnahmefällen sollte das Sozialpraktikum in den Sommerferien stattfinden, da die Auswertung und Reflexion mit den anderen Mitschülerinnen und Mitschülern am Schuljahresende stattfindet.
Wie werden die gemachten Erfahrungen dokumentiert und ausgewertet?
Der Praktikumsbericht
Das Abfassen eines kurzen Berichtes nach Beendigung des Sozialpraktikums dient in erster Linie dazu, die geleistete Arbeit und das dabei Erlebte persönlich zu reflektieren. Genauere Informationen zu Inhalt und Umfang erhalten die Schülerinnen und Schüler beim Vorbereitungstreffen zu Beginn des Schuljahres.
Reflexionstreffen
Am Ende des Schuljahres finden Treffen statt, bei denen die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit bekommen sollen, anderen von ihren Erlebnissen und Erfahrungen zu berichten und sich darüber auszutauschen. Auch belastende oder sehr emotionale Erfahrungen können hier aufgearbeitet werden. Diese Reflexionstreffen werden durch die Betreuungslehrer/innen angeleitet. Sie finden in Kleingruppen zu jeweils ca. 8 Schülerinnen und Schülern statt.
Zertifikat
Für das Sozialpraktikum gibt es keine Noten. Alle Schülerinnen und Schüler erhalten nach Abschluss ein offizielles Zertifikat der Schule.