“Steppenwolf” am CSG – eine Rezension

Einen fast 280 Seiten langen Roman auf 20 Seiten zu komprimieren und aufzuführen, das haben der Schauspieler Julian Koenig, Regisseur Thorsten Kreilos und Theaterpädagogin Carmen Donet von THEATERmobileSPIELE aus Karlsruhe gewagt.

In dem Ein-Mann-Bühnenstück „hesse.steppenwolf“ geht es um Harry Haller, der sich selbst als Steppenwolf bezeichnet. Er leidet an der Zerrissenheit seiner Persönlichkeit und sieht im Selbstmord den einzigen Ausweg. Als er Hermine kennenlernt und sie ihm das Tanzen und Lieben beibringt, begegnet er sich selbst auf eine ihm zuvor unbekannte Art und es eröffnet sich ihm durch das Magische Theater ein Ausweg aus seiner ihm zuvor hoffnungslos erscheinenden Lage.

Meiner Meinung nach ist dem Trio Koenig/Kreilos/Donet die Inszenierung des Stücks insgesamt grandios gelungen. Sowohl das Bühnenbild, eine weiße Leinwand, die für Harry Hallers Einsamkeit und Zerrissenheit steht, als auch die genutzte Technik werden vom Trio Koenig/Kreilos/Donet gekonnt eingesetzt. Julian Koenig, der als einziger Schauspieler alle Rollen spielt, zieht durch seine Mimik, Gestik und sein Sprechverhalten die Zuschauer in seinen Bann. Er bringt Hallers depressive Stimmung und Zerrissenheit durch plötzliche Gefühlsausbrüche, bei denen er unvermittelt seine Stimme überschlägt, er Weinkrämpfe bekommt oder aufgewühlt über die Bühne rennt, beeindruckend zum Ausdruck. Unterstützt wird der Schauspieler durch den Einsatz moderner Technik. So wird ein Fernseher verwendet, auf dem verschiedene Charaktere, wie Hermine, Pablo oder auch der Herausgeber des Buches, allesamt gespielt von Koenig, erscheinen. Mithilfe von Lautsprechern werden beispielsweise beim Maskenball zusätzliche Geräusche, wie Lacher eingespielt, die dem Zuschauer das Eintauchen in die Welt des Stücks erleichtern. Außerdem wird in der Inszenierung mit zahlreichen Symbolen gearbeitet. Harry Hallers Selbstmordgedanken werden bildlich durch ein Rasiermesser, mit dem er ständig hantiert, dargestellt, bei der Liebeszene mit Maria erscheint auf der weißen Leinwand und auf dem Fernsehbildschirm eine Lippe und Spiegel deuten Hallers gespaltene Identität an. Auch im Magischen Theater steht das Spiegelmotiv im Vordergrund. Aus Teilen der weißen Leinwand werden kurzerhand Spiegel und auch in dieser Szene wird die moderne Technik effektiv eingesetzt, indem zum Beispiel mithilfe eines Beamers die Überschriften der jeweiligen Räume des Magischen Theaters auf der Leinwand erscheinen.

Meiner Meinung nach ist es Julian Koenig gelungen, die Schüler in seinen Bann zu ziehen und trotz der starken Verkürzung des Romans den Inhalt verständlicher zu machen. So wurde mir Hermines Rolle und die Rolle des Magischen Theaters bei Harrys Selbstfindungsprozess noch einmal vor Augen geführt. Auch trug die Inszenierung wichtiger Leitmotive des Romans, wie das Spiegelmotiv oder Harrys Seelenproblematik, zu einem besseren Verständnis meinerseits bei.

Das Theaterstück zu besuchen lohnt sich also auf jeden Fall, besonders für Abiturienten, da in der Aufführung wichtige Themen und Textstellen des Romans thematisiert werden und der Schauspieler Julian Koenig durch seine überzeugende Darbietung den seelischen Zustand Hallers eindrucksvoll klarmacht.

Text: Léonie Bühner