Pure Begeisterung beim Musical

„Grandios“ – mit diesem Wort fasste Schulleiter Frank Hielscher den Abend in der Alten Kelter zusammen und das Publikum war mit ihm einer Meinung: Das von über hundert Schülerinnen und Schülern des Christoph-Schrempf-Gymnasiums aufgeführte „Musical 77“ sprengte alle Erwartungen.

Kurz umrissen geht es in dem Musical um Djamal und seine Frau Shanila. Sie stammen aus ärmlichen Verhältnissen, das Geld reicht hinten und vorne nicht. Ihnen wird geraten, zum gütigen Maharadscha zu gehen, um ihn um Geld zu bitten. Entgegen den Bedenken der Schatzmeisterin leiht der Herrscher der Familie, ohne zu zögern, 800.000 für fünf Jahre. Er entlässt sie mit dem Hinweis, damit weise umzugehen und ihr Leben für das Gute einzusetzen. Doch für Djamal, Shanila und ihre zwei Töchter beginnt nun ein rauschendes Leben auf Pump. Sie werfen mit dem Geld um sich, weshalb sie nach kurzer Zeit nochmals beim Maharadscha vorstellig werden. Zunächst erhalten sie sieben Millionen, später noch einmal 30 Millionen. Schließlich schulden sie ihm also 37.800.000 – und können das Geld nicht zurückzahlen, da sie es ausgegeben haben und auf Betrüger hereingefallen sind. Anstatt großherzig zu sein, treten sie arme Mitmenschen mit Füßen. So bleibt am Schluss die Frage, ab der Maharadscha gewillt ist, ihnen zu vergeben.  

In der Alten Kelter gelang es den Theatermalern, die Zuschauer mit raffinierten, detaillierten Kulissen in den indischen Palast zu locken, die Umgestaltung der Wohnung deutlich zu machen und Marktszenen zu inszenieren. Vor diesem trefflichen Hintergrundbild agierten die Kinder und Jugendlichen voller Elan. Nina Fischer spielte den immer wieder zur Verzweiflung neigenden Vater Djamal in all seiner Zweischneidigkeit: Einerseits behängte er sich mit Goldkettchen und kaufte sich ein schnelles Auto, andererseits traute er sich kaum, um Geld zu bitten. Ganz im Gegensatz zu seiner Frau Shanila, die von Olivia Schweizer bravourös dargestellt wurde. Lamentierte sie zu Beginn noch über die ärmlichen Verhältnisse, verwandelte sie sich zu einer hochnäsigen, vor Oberflächlichkeit strotzenden Beautyqueen, die auf Jael Hejna als Rosenfrau herunterblickte. In ihrem Fahrwasser veränderten sich auch die beiden von Mia Schober und Mayra Sandles gespielten Töchter, die durch das viele Geld alle Verhältnismäßigkeit verloren. Die Postbotin kam mit der Lieferung der von ihnen bestellten Päckchen kaum mehr hinterher. Dejan Pavlovic verkörperte gekonnt den über allem stehenden Maharadscha, der in seinem weißen Herrschermantel durch den Saal der Alten Kelter einzog, um auf der Bühne großzügig Geld zu verleihen und Schuld zu vergeben. Als die perfekte Besetzung für die Schatzmeisterin stellte sich Dunja Tröster heraus: Ihr fiel es zu, den Zuschauern die Hintergründe zu erläutern und gleichzeitig über das Geld des Maharadschas zu wachen. Grandios spielte sie die pure Verzweiflung über die Großzügigkeit ihres Herrn. Der Maske war es gelungen, ihre Gesichtszüge so zu überspitzen, dass Dunja die Dramatik wahrlich im Gesicht stand.

Während die eine Hälfte der Bühne von den Kulissen eingenommen wurde, stand auf der anderen der Chor. Voller Begeisterung waren die 44 Sängerinnen und Sänger aller Altersstufen mit dabei. 13 von ihnen traten zudem als Solisten auf. Begleitet wurde das Musical gleich von vier weiteren Musik-AGs: Die Small Band, die Big Band, das Orchester sowie die Band spielten abwechselnd oder auch gemeinsam die Melodien. Ob Tragik, Hoffnung, Freude, Witz oder Ärger – alle emotionalen Zonen wurden musikalisch brillant umgesetzt.

Am Ende war das Publikum nicht zu halten und spendete bei stehenden Ovationen donnernden Applaus. Vor allem Musiklehrerin Sabine Cantarutti wurde frenetisch gefeiert. Sie hatte nicht nur das Projekt angestoßen, sondern trug während der gesamten Zeit auch die Verantwortung für die Umsetzung des Musicals.