„9 Leben“ – Theater-AG beeindruckt mit nachdenklichem Stück

Am 13. September 1940 sticht das britische Personenschiff „City of Benares“ in Liverpool in See, um 123 Kinder nach Kanada zu bringen und so vor dem Leid und Elend des Zweiten Weltkriegs zu schützen. Das Schiff ist Teil eines Konvois, der von Begleitschiffen geschützt wird, die jedoch nach vier Tagen wieder zurückfahren müssen. An Bord ist man zu diesem Zeitpunkt zuversichtlich, man habe das gefährliche Gebiet, in dem U-Boote angreifen, schon verlassen. Keiner an Bord weiß, dass sie schon längst von einem deutschen U-Boot beobachtet werden.

Um 22:00 Uhr befiehlt der Kommandeur des U-Bootes, die ersten Torpedos abzufeuern. Eine Minute später wird das Schiff getroffen. Von den 123 Kindern überleben nur 25 diesen Angriff. Sie hoffen in Booten auf Rettung.

Nun stellt sich die Fragen: Wie gut ist der Mensch, wenn es um das eigene Überleben geht?

An diesem Scheidepunkt setzt das Theaterstück ein, das ursprünglich aus der Feder des erfolgreichsten expressionistischen Dramatikers Georg Kaiser stammt. Die Theater-AG des Christoph-Schrempf-Gymnasiums bearbeitete seine Tragödie „Das Floß der Medusa“ und führte es unter dem Titel „9 Leben“ am Donnerstagabend und Freitagmorgen in der Aula auf.

Auf einem Rettungsboot befinden sich zunächst scheinbar acht Kinder. Die beiden Ältesten, Ann und Allen – gespielt von Isabella G. und Dejan P. – übernehmen die Führung und kümmern sich um die anderen: Das verletzte Mädchen Margaret (Allegra Sch.) muss versorgt werden. Anthea (Jasmin Ch.) kümmert sich als Tochter einer Krankenpflegerin um sie, während George (Lotte H.) mit Buch und Stift in der Hand beginnt, Inventur zu machen. Ruby (Elina M.), die zwar klein wirkt, aber bereits eine gestandene Persönlichkeit darstellt, hilft ebenfalls bei der Versorgung der Gruppe, genauso wie Enid (kurzfristig übernommen von Tamina D.), die sich als dritte Hauptverantwortliche sieht. Nur der ständig nörgelnde Sam (Aaron Sch.) stellt sich nicht als sonderlich hilfsbereit heraus. Trotzdem schreien sie alle gemeinsam zu Beginn ihren Schlachtruf: „Überlebende!“

Zusammen entdecken sie Dosen mit Nahrung und finden dazu passend auch einen Dosenöffner. Sie teilen warme Milch und sprechen sich Mut zu. Doch plötzlich finden sie eine weitere Person. Ein Mädchen hat sich unter einer Plane versteckt und bislang nicht gerührt. Es spricht nicht, wirkt traumatisiert, lebt in ihrer eigenen, von Rückblenden und Alpträumen durchzogenen Welt. Die Kinder wissen nicht, wer das Mädchen ist, und geben ihm den Namen „Foxy“ (Greta H.). Obwohl sie nicht sicher sind, ob Foxy vielleicht zum Feind gehört, geben die Kinder ihr warme Kleidung und zu trinken.

Doch je länger die Jungen und Mädchen auf dem Rettungsboot aushalten müssen, desto schwieriger wird der Überlebenskampf. So beschließen Ann und Allen, dass jedes Kind angeben muss, warum es selbst wichtig für die Gruppe sei und welche Person sie als wertlos erachten. Foxys Name fällt dabei am häufigsten…

Die Jungen und Mädchen der Theater-AG inszenierten das schwierige Thema mit Herzblut. Sowohl das erwachsene Publikum am Donnerstagabend als auch das junge am Freitagmorgen beobachtete das Geschehen auf der Bühne gespannt und wurde in den Bann der Handlung gezogen. Die Situation sorgte für Mitleid, doch man konnte auch über Sam lachen, konnte manche Reaktionen nachvollziehen und zeigte sich bestürzt über andere. Die Hochzeitsszene zwischen Ann und Allen, die ein Fest für den richtigen Weg hielten, die Stimmung an Bord zu heben, ließ das Publikum über die großartigen Gesangsstimmen staunen, beim Tanz danach klatschten viele mit. Doch vor allem die gravierendste Entscheidung schockierte die Zuschauer – so waren zwar „neun Leben“ auf dem Rettungsboot, doch nur acht davon kamen in Kanada an.

Der Applaus am Ende gebührte den neun Schauspielerinnen und Schauspielern genauso wie Kris P. an Licht und Ton und der Kunst-AG für das stimmige Bühnenbild. Regie über dieses beeindruckende Stück führten U. Großkopff und M. Elhardt.