„Faust“ in der Alten Kelter

Faust – reduziert auf ein Ein-Mann-Stück? Kann das überhaupt funktionieren? – Ja, es kann. Jedenfalls wenn Ekkehart Voigt mit dem „Theater als ob“ in der Stadt ist und als Lehrer einer Schule für Höhere Teufelei auftritt, in der Fausts und Gretchens Geschichte als Lehrstück behandelt wird.
In der Besigheimer Alten Kelter hatten sich alle Schülerinnen und Schüler der letzten beiden Jahrgangsstufen vor dem Abitur eingefunden, um passend zur derzeitigen Pflichtlektüre Johann Wolfgang Goethes Drama anzuschauen. In seiner Interpretation des Stücks geht Ekkehart Voigt vor allem auf Mephistos Kunst der Manipulation ein. Als Lehrer nimmt er seine Schüler mit zu Mephistos Wette mit Gott und die sich daraus ergebende Zeit mit Faust. Dabei spielt Voigt alle Rollen selbst, wobei sich jede Figur durch ihre eigene Körperhaltung, Gestik, Mimik und Sprechweise auszeichnet. Die Kulisse ist vollkommen reduziert. Das Publikum wird in die Handlung mit einbezogen, so musste eine Schülerin das Türklopfen übernehmen, ein anderer stellte gestisch Fausts enges, gotisches Studierzimmer nach.
Die teuflische Sichtweise lässt vor allem die Frauenfiguren des Stücks lächerlich erscheinen. Wie Schachfiguren scheint Mephisto sich ihrer zu bedienen, um Faust vom rechten Wege abzubringen. Dabei wirken sowohl Gretchen als auch ihre Nachbarin Marthe dümmlich naiv.
Doch all seine Kunst nutzt Mephisto am Ende nichts – er verliert Faust an die Liebe und damit an Gott. Es gelingt ihm nicht, den wissbegierigen Faust vollends so zu manipulieren, dass er Herr seiner Seele wird.
Im anschließenden Gespräch mit dem Schauspieler zeigten sich die Besigheimer Gymnasiasten sehr interessiert. Die ständige Angst, vom Teufelslehrer angesprochen und in die Handlung mit einbezogen zu werden, ließ sie das Stück aufmerksam verfolgen – doch natürlich waren sie auch fasziniert von Ekkehart Voigts Darstellung der so unterschiedlichen Charaktere.
Er erklärte den Schülern, dass er das Stück bereits über 150 mal gespielt und er den Stoff zuvor innerhalb eines Jahres gelernt habe. Zusammen mit seiner Regisseurin habe er das Drama zunächst durchgekaut und es für sich als Teufelslehrer angepasst. Bei jedem Auftritt nehme er sich eine gewisse Improvisationsfreiheit, um auf sein Publikum reagieren zu können. Er ist der Meinung, dass jeder in der Lage sei, einen solch langen Text wie den für Goethes Tragödie auswendig zu lernen. Es liege vor allem an der Methode. Er selbst sei bei einer Kinesiologin gewesen, um sich testen zu lassen. Wichtig sei vor allem die Begeisterung für das zu Lernende.