Zeugnis Open-Air

„Ungewöhnliche Zeiten erfordern besondere Maßnahmen“, so brachte Besigheims Bürgermeister Steffen Bühler die Zeugnisvergabe am Christoph-Schrempf-Gymnasium auf den Punkt. Vor der auf dem Pausenhof aufgebauten Bühne saßen in gebührendem Abstand voneinander die Abiturientinnen und Abiturienten, zu ihrer Rechten blickte je ein Elternteil gespannt nach vorne und zur ihrer Linken hatten sich ihre Lehrer versammelt. Aus dem Fenster des Schulgebäudes heraus nahmen per Live-Übertragung weitere Familienangehörige und Freunde an diesem besonderen Abend teil.

Mit Timo Weberruß eröffnete einer der herausragenden Schüler des Abschlussjahrgangs die Feierlichkeiten zur Zeugnisvergabe. Am E-Piano spielte er die südamerikanisch anmutende „Salsa Creek“, mit der an diesem lauen Abend fast schon das lockere Gefühl, am Strand zu sein, Einzug hielt. Die in große Robe gekleideten Eleven wurden von Schulleiter Frank Hielscher daran erinnert, was sie in den letzten Monaten durchlebt hatten: Am 16. März waren die Schulen geschlossen worden, der Virus wirkte irreal, unfassbar und veränderte doch alles, weshalb sich die Schüler die Frage stellten, ob es überhaupt ein Abitur geben werde. Doch nun hätten sie diese Reifeprüfung geschafft, so Hielscher weiter, und das in besonders beeindruckender Manier. Für die sechs Abiturientinnen und Abiturienten mit einem glatten Schnitt von 1,0 schoss er eine erste Glitterkanone ab. Eine weitere folgte für den restlichen Jahrgang, der es trotz widriger Umstände geschafft hatte, einen Gesamtschnitt von 2,2 zu erreichen. Allein bei 32 Schülern stehe die Eins vor dem Komma, freute sich der Schulleiter. Er bedankte sich bei den Schülern dafür, dass sie die Schule mit ihrem musikalischen, künstlerischen, sportlichen und sozialen Engagement in den letzten Jahren bereichert hatten und entließ sie getreu dem diesjährigen Abi-Motto „Alabin – in jeder Flasche steckt ein Genie“ mit Mundschutz und gestärktem Geist ins Leben.

Den Reigen der Sonderpreise eröffnete Léonie Bühner, die im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich vom Verein der Ehemaligen ausgezeichnet wurde. Der Sozialpreis ging an Bianca Braster. Sie hatte sich seit der fünften Klasse in der SMV engagiert, das Großprojekt „Schule als Staat“ geschultert und sich als verlässlichen Anker für ihre Mitschüler herausgestellt. Den gesellschaftswissenschaftlichen Preis überreichte Timo Werder von der VR-Bank Stromberg-Neckar dieses Jahr gleich an zwei Abiturienten: Jasmin Lutz und Patrick Müller waren durch ihre Neugierde aufgefallen. Im musisch-künstlerischen Bereich konnten sich Timo Weberruß und Eloïse Mayer über einen Preis freuen. Mit ihren besonderen fremdsprachlichen Fähigkeiten überzeugte Giulia Posa im Abitur. Die große Ehre, den Ferry Porsche Preis überreicht zu bekommen, wurde Timo Weberruß zuteil. Maren Leipner konnte sowohl mit dem Otto-Dix- als auch mit dem Luisa-Richter-Preis für ihre Leistungen in Bildender Kunst ausgezeichnet werden. Vor allem Timo Weberruß, Léonie Bühner, Patrick Müller, Silja Kluge, Giulia Posa und Sven Fierlbeck, die sechs Schüler mit dem sagenhaften 1,0-Schnitt, durften sich über diverse weitere Preise freuen.

Als Träger des Christoph-Schrempf-Preises hielt Timo Weberruß eine brillante Abiturrede, in der er sich mit häufig ironischem Unterton an die Frage wagte, was Schule denn eigentlich sei. Er fragte sich, ob Schule wie ein Teufelchen auf der Schulter sitze und ein schlechtes Gewissen veranlasse angesichts nicht erledigter Aufgaben. Oder sei Schule eher als Melodie zu verstehen, die ähnlich einem Refrain immer wieder im Leben auftauche? Rein optisch gesehen sei Schule jedenfalls ein grauer Kasten. Schule ist für jeden etwas Eigenes, Individuelles, so Timo Weberruß. Sie könne als Schatzkiste verstanden werden, die jeder für sich entdecken müsse.

         

Einen kleinen Ausschnitt aus dieser Schatzkiste zeigten die Abiturienten im Anschluss durch eine Diashow, in der sie Fotos von den Schullandheimen, sportlichen oder musikalischen Ereignissen, Exkursionen, Motto-Tagen und Studienfahrten zusammengestellt hatten. Danach lasen die Tutoren die Namen ihrer Schützlinge vor, die von Schulleiter Frank Hielscher sodann ihr Abiturzeugnis überreicht bekamen. Zurück an ihrem Platz, durften sie einen kleinen Wunschzettel ausfüllen und ihn per Luftballon in den Äther schicken. Stellvertretend für die gesamte Stufe bedankten sich vier Schülerinnen bei der Schulleitung, den Lehrern, Eltern, Sekretärinnen, der Hausmeisterin und den Putzkräften für den großen Einsatz – gerade zu Corona-Zeiten.

Nun ging der Abend langsam zur Neige, doch eine große Überraschung wartete noch auf die frisch gebackenen Abiturienten. Die Sonne war untergegangen und so konnte neben der festlich beleuchteten Bühne ein ganz besonderes Video ausgestrahlt werden. Kunstlehrerin Verena Siebert und Musiklehrerin Diana Leitmann hatten die Leitung übernommen, Max Giesingers Lied „Ihr wart nie stärker als jetzt“ mit den Kolleginnen und Kollegen zu singen und kleine Videoschnipsel zu einem Film zusammenzuschneiden. Mit stehenden Ovationen feierten die Schüler diese gelungene Überraschung und ihr bestandenes Abitur.