Grundlegendes zur Stahlschen Methode

Warum hat sich das CSG für die Einführung dieser Methode entschieden und welche Didaktik liegt ihr zugrunde?

Zugrundliegende Motivation

Generell, und so auch am CSG, kommt den modernen Fremdsprachen in einer globalisierten Welt ein hoher Bildungswert zu. Besonders Kenntnisse in Englisch als internationaler Verkehrssprache stellen eine wichtige Grundlage für den internationalen Dialog dar. Dabei geht es nicht nur um Sprachbeherrschung im ursprünglichen Wortsinn, sondern auch darum, eine interkulturelle Handlungskompetenz zu erwerben, die die Schüler befähigt, mit Individuen und Gruppen anderer Kulturen angemessen und respektvoll zu interagieren.

Am CSG wird diese Sprachbeherrschung und interkulturelle Handlungskompetenz in allen Englischklassen angestrebt und in unserem Bili-Profil noch einmal besonders gefördert.

Beim Erlernen von Fremdsprachen stehen unsere Schüler und wir Lehrer vor vielen Herausforderungen. Erfolgreiches Sprechen und Schreiben sowie der Erwerb von kulturellem Wissen und grammatischen Strukturen sollen schnell gelingen, damit die Schüler die neue Sprache mit Freude anwenden können.

Das Hauptziel ist also motivierendes Lernen nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und zentralen Punkten des derzeitigen Bildungsplans. Dies war der Anlass für das Englischkollegium des CSG, einmal über den Tellerrand hinauszublicken und sich in einer ganz anderen Lernmethode fortzubilden.

Die Entscheidung für die Stahlsche Methode ist aus dem Wunsch unserer Englischfachschaft nach zeitgemäßem und schülergerechtem Lernen heraus geboren.

Die Umsetzung des Bildungsplans von 2016 im Unterricht zeigte nach und nach, dass die bisherige Didaktik im Fach Englisch nicht immer geeignet ist, um den Anforderungen der Bildungsstandards gerecht zu werden:

Oft lässt sich beobachten, dass die einzelnen Englischvokabeln zwar eigentlich gelernt sind, im Gespräch aber nicht abgerufen und in Sinnverbände zusammengeführt werden können – das Sprechen der fremden Sprache macht keinen Spaß, die Hemmungen, Fehler zu machen, sind zu groß. Gleichzeitig soll das Sprechen im Unterricht aber eine zentrale Rolle spielen. Der Widerspruch ist offensichtlich.

In den aktuellen Bildungsstandards spielt das Lernen über „Chunks“ (wörtl. „Batzen“ / „Brocken“) vor allem im Anfangsunterricht eine zentrale Rolle. Chunks sind häufig gebrauchte Formulierungen, Sequenzen oder Sprachmuster. Die Stärke von Chunks ist, dass sie dem Lernenden kleine merkbare Einheiten präsentieren, in die Informationen über Wortschatz, Grammatik und Aussprache eingebettet sind. Die Lernenden müssen also in der Gesprächssituation nicht mühselig alles neu zusammensetzen, sondern greifen auf ein einzelnes Element, das sie als Ganzes verinnerlicht haben, zurück. Dadurch sind Chunks besonders für den Anfängerunterricht enorm wichtig. Sie ermöglichen dem Lernenden eine schnelle Sprachpraxis. Sie vermitteln ein Gefühl von Sicherheit und geben den ersten Schritten im Umgang mit der Zielsprache ein brauchbares Gerüst.

Die Schüler erleben erste gelingende kommunikative Situationen, wenn sie „Hi! Nice to meet you.“, „I come from…“, „What about you?.“ oder „I like going … / watching …“ benutzen können.

Zudem fordert der Bildungsplan klar, dass der Grammatik eine rein dienende Funktion zukommen soll. Wenn man sich allerdings das klassische Lernen und die gängigen Lehrwerke anschaut, stellt man fest, dass diese zu einem ganz maßgeblichen Teil auf der Einführung und, teilweise stupiden, im isolierten Raum stehenden Übung von Grammatik fußen.

Vor allem im ersten Lernjahr tun sich die Kinder aber schwer, in grammatischen Strukturen zu denken.

Durch die Fortbildung zur Stahlschen Methode, bei der wir auch Schulklassen beobachten konnten, haben wir den Eindruck gewonnen, dass die Inhalte des aktuellen Bildungsplans durch diese Methode erstmals passgenau umgesetzt werden – und das obwohl es diese Methode im Realschulbereich bereits seit ungefähr 30 Jahren gibt und sie dort an vielen Schule erfolgreich umgesetzt wird.

 

Wie funktioniert die Stahlsche Methode?

Vereinfacht ausgedrückt, ist die Stahlsche Methode dem Erlernen der Muttersprache nachempfunden und bezieht neuere Erkenntnisse der Gehirnforschung mit ein.

Das Prinzip des Erlernens der Muttersprache ist:

  1. Das Kind hört die Sprache.
  2. Das Kind assoziiert bewusst oder unbewusst mit der kontextuellen Umgebung. (Wer hat was wo wann wie gesagt?)
  3. Sprache wird nicht nur als Klangmuster, sondern als Sinnverband aus Klang und Vorstellung im Sprachgedächtnis abgelegt.
  4. Sprache wird aktiv produziert (oft erst lange nach der Sprachaufnahme und häufigen Reproduktion), indem das Gehirn die im Langzeitgedächtnis abgelegten Klangmuster über die Assoziation mit dem im Langzeitgedächtnis abgelegten Vorstellungspendant abruft.

Das Lernen von Sprache funktioniert also in Klang-Sinnverbänden!

Da wir im Fremdsprachenunterricht die Situation, d.h. die kontextuelle Umgebung nicht oder nur selten bieten können, brauchen wir ein Hilfsmittel, um die Bedeutung der Worte bereitzustellen – das ist die Muttersprache!

Wie wir aus der Gehirnforschung wissen, findet effektives, nachhaltiges Lernen dann statt, wenn

  • beide Gehirnhälften am Lernprozess beteiligt sind,
  • viele Sinne angesprochen werden,
  • das neu zu Lernende in vorhandenes Wissen eingebunden wird,
  • mehrere Verbindungsstränge zu vorhandenem Wissen geknüpft werden.

Aus der Gehirnforschung wissen wir auch, dass wir leichter lernen, wenn sich etwas reimt. Dieser Effekt wird noch einmal verstärkt, wenn die Reime mit Musik unterlegt sind, da dies die Aufnahme ins Langzeitgedächtnis noch zusätzlich unterstützt.

Der Schlüssel liegt also in der Verknüpfung von Logik und Emotion, in der Schaffung „merk-würdiger“ Situationen, die dazu führen, dass das Langzeitgedächtnis aktiviert und die Sprache automatisiert und korrekt verwendet wird. Einerseits brauchen wir zwar Logik und sprachliche Laute, um die Struktur einer Sprache zu erfassen. Andererseits führt erst die Kombination mit Emotion, rhythmischer und visueller Wahrnehmung das Lernen dauerhaft zum Erfolg.

Alle diese Voraussetzungen werden bei der Stahlschen Methode erfüllt!

 

Wie genau vermittelt „topics“ die Sprache und welche Vorteile bietet diese Methode?

Das Lernen der Vokabeln steht im Mittelpunkt des Spracherwerbs.

Im Gegensatz zum klassischen Lernen werden die Vokabeln bei der Stahlschen Methode aber nicht isoliert als einzelne Worte gelernt, sondern in Reimform und damit eingebettet in eine Situation präsentiert. Durch diese enge Kopplung von innerer Vorstellung und Klangmuster werden die Redemittel direkt ins Sprachgedächtnis befördert und dort als Sinnverbände angelegt. Hintereinander gelesen oder gehört ergeben die Reime zusammenhängende Geschichten, in denen die Schüler im Laufe von Klasse 5 z. B. zunächst einen Strand, dann einen Zoo besuchen und dort allerlei Personen, Tiere und Aktivitäten kennenlernen, über Hobbys, Freizeitaktivitäten, Vorlieben und Abneigungen sowie über Zahlen und die Uhrzeiten zu sprechen lernen. Daran schließt sich das große Thema „Schule und Unterricht“ an, bevor das Thema „Zuhause und Familie“ behandelt wird. Dies sind nur einige wenige Themen aus „topics 5“, die eng an die Lebenswelt der Schüler anschließen und absolut bildungsplankonform sind.

Neben den Tracks/Reimen finden sich im „topics“-Heft außerdem viele sogenannte Basistexte, die das Gelernte in ganz ähnlichen Situationen nochmals aufgreifen und erweitern. Da die Schüler die Bedeutung der meisten Vokabeln kennen[1], können sie diese Texte erschließen, ohne dass sie sich die Bedeutung neu erarbeiten müssen. Damit bieten diese Texte auch viele Möglichkeiten für das Lese- oder Hörverstehen. Außerdem schaffen diese Texte wieder die Grundlage für weitere Aktivitäten: Lautes Vorlesen, Nacherzählen, als Rollenspiel darbieten, Fragen dazu stellen und beantworten usw.

Das Lernen in Reimform dient also lediglich dem Spracherwerb – dem Input, sozusagen. Was den Output betrifft, so spricht selbstverständlich niemand dauerhaft in Reimen. Durch die Umwälzung im Unterricht und in den begleitenden Geschichten werden die Reime aber sofort nach dem Erlernen aufgebrochen. Die Anwendung der Sprache findet außerhalb der Reime statt.

Das wesentliche Element im Unterricht ist die starke Fokussierung auf die Verwendung der Sprache durch hohe Interaktion zwischen Schülern und Lehrer. Hierdurch entsteht ein großer Anreiz, die Sprache aktiv zu verwenden, zudem werden die erlernten Elemente durch neue Situationen noch weiter im Langzeitgedächtnis verankert. Durch vielfältige Umwälzung im Unterricht werden die Lernenden schnell zur freien Rede und Textproduktion geführt, insofern ist die Stahlsche Methode in hohem Maße kompetenzorientiert. Ab der ersten Stunde können die Schülerinnen und Schüler die englische Sprache in Sätzen verwenden und an der Kommunikation teilnehmen.

Grammatische Strukturen werden automatisch über die Reime und Geschichten in lexikalischen Einheiten mit aufgenommen, ohne dass sie zunächst bewusst gemacht, also sprachlich analysiert werden; damit folgt das Erlernen der Fremdsprache nahezu dem Erwerb der eigenen Muttersprache. Die Erklärung der Grammatik erfolgt, nachdem die grammatischen Formen ganzheitlich aufgenommen und von den Schülern intuitiv gelernt wurden. D.h. die Schüler benutzen z.B. das 3. Person-Singular-s nicht, weil es ihnen erklärt wurde oder weil es im Schulbuch gerade „dran ist“, sondern weil sie schon ganz viele Sätze gehört und verwendet haben, in denen das -s in der dritten Person vorkommt und es als Klang- und Vorstellungsmuster im Langzeitgedächtnis abgelegt haben. Die grammatischen Muster tauchen immer wieder in verschiedenen Kollokationen auf und werden so mit der Zeit automatisiert, bevor sie als Regel bewusst gemacht werden.

 

Vorteile und Voraussetzungen des Fremdsprachenlernens mit der Stahlschen Methode:

Selbstverständlich ist auch diese Methode kein Selbstläufer – sie erfordert, wie jede Form des Lernens, von den Lernenden eine grundsätzliche Bereitschaft zur Mitarbeit sowie Anstrengungsbereitschaft, Ausdauer, Fleiß und Sorgfalt. 

Im Gegensatz zum traditionellen Fremdsprachenunterricht zeigen sich aber in der Praxis deutliche Vorteile:

  1. Die Schüler können sich die Reime jederzeit und so oft sie das wollen oder brauchen anhören. Es ist aber auch wichtig, dass das regelmäßig erfolgt solange bis die Reime gut verinnerlicht wurden.
  2. Alles was man hört und liest kann verstanden werden, weil die Muttersprache zur Sinngebung dabei ist.
  3. Das traditionelle und in vielen Fällen wenig nachhaltige Vokabelpauken entfällt. Dafür bleiben die auf diese Weise gelernten Phrasen und Reime im Langzeitgedächtnis und stehen zur Sprachproduktion zur Verfügung.
  4. Diese Methode kommt dem natürlichen Bedürfnis der Schüler, sich mitzuteilen, sehr entgegen, da sie nicht erst aus einzelnen Vokabeln Sätze „basteln“ müssen, sondern Satzgerüste gelernt haben, in die nach und nach neu erlernter Wortschatz eingebaut und auf neue Situationen übertragen werden kann.
  5. Das Führen der Englischhefte hat ein anderes Gewicht. Das einmalige fehlerfreie Abschreiben der Reime in das vocabulary book ist Pflicht. Darüber hinaus kann dieses Heft sehr individuell und kreativ gestaltet werden. Im R- and ex-book (= rules and exercises book) werden nach und nach Übungen, Grammatikaufschriebe und selbst produzierte Texte gesammelt. Dort werden auch Fehler passieren und das ist auch erlaubt. Durch die vielfältigen mündlichen und schriftlichen Wiederholungen im Rahmen der Klang-Sinnmuster sowie durch das freiwillige zusätzliche Abschreiben durch die Schüler wird die Rechtschreibung mit der Zeit immer besser werden. Dem Rechtschreibtraining dienen auch die spelling practices (Diktate).
  6. Das Erlernen der Grammatik erfolgt überwiegend intuitiv (wie auch bei der Muttersprache): da das Gehirn immer wieder ähnliche Sprachstrukturen hört, erkennt es selbstständig die Gesetzmäßigkeiten innerhalb der Fremdsprache. Jedoch wird die Grammatikerklärung immer „nachgeliefert“. Das ist der umgekehrte Weg! Im traditionellen Fremdsprachenunterricht wird Grammatik irgendwann eingeführt, weil das Thema „dran“ ist, hier wird das Thema besprochen, wenn die Schüler dazu eine Frage haben oder die Lehrkraft den Eindruck hat, dass die Schüler jetzt „so weit“ sind.
  7. Die „didaktische Reduktion“ ist erfüllt: der Lernende ist auf das Wesentliche fokussiert, nämlich auf die Sprache selbst – in ihrer lautlichen und schriftlichen Form – und wird nicht von einer Fülle von Bildern, Einsetzübungen usw. abgelenkt. Auch dies ist der umgekehrte Weg, denn die Schüler werden zunächst mit den sprachlichen Mitteln ausgestattet und erzielen dann Erfolgserlebnisse, indem sie das Gelernte auf Bilder, Grafiken usw. übertragen oder in kommunikativen Gesprächssituationen wie Dialogen und Rollenspielen anwenden können.
  8. Diese Methode ist in hohem Maße „selbstdifferenzierend“ und trägt insofern der Heterogenität der Klassen Rechnung: jeder Schüler holt sich das, was er braucht! Beim Reden und kreativen Schreiben werden stärkere Schüler mehr und umfangreichere oder „schwerere“ Satzbausteine wählen, während schwächere Schüler sich eher für die kürzeren und „einfacheren“ Strukturen entscheiden. Insgesamt gewinnen aber schwächere Schüler durch das Reproduzieren der gelernten Bausteine Sicherheit in der Fremdsprache und bauen Hemmungen ab, leistungsstärkere Schüler können die Auswahlmöglichkeiten an Redemitteln als Chance nutzen, ihr Leistungsvermögen zu zeigen und zu steigern.
  9. Durch die offene Art der sprachlichen Übungen, in denen die gelernten Bausteinen völlig neu arrangiert und auf neue Situationen übertragen werden, haben die Kinder zudem die Möglichkeit, ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen.

 

 

[1] Sind mitunter Wörter enthalten, die nicht in den Tracks vorkommen, werden diese aus dem Sinnzusammenhang erschlossen, vom Lehrer erklärt und besprochen.