Un coucou d‘Aÿ

Donnerstag

Sanfte Hügel voller Weinreben, blauer Himmel, Sonnenschein, Bäume mit zartem Grün und voller Blüten, Narzissen, Tulpen und Hyazinthen: Man hätte meinen können, die Champagne habe sich extra für die Ankunft der Besigheimer Schülerinnen und Schüler ihr schönstes Kleid übergeworfen.

Am Donnerstag wurden die 15 Eleven des CSG nach einer angenehmen, wenngleich langen Fahrt von ihren Austauschpartnern aufgeregt in Empfang genommen.  In der Mensa gab es dann ein erstes  „Goûter“ – eine kleine typisch französische Stärkung. Die Schüler aus Aÿ  begrüßten ihre Gäste, zeigten eine Diashow mit Fotos des ersten Teils des Austauschs und erkundeten danach ein wenig das Schulhaus. Schnell ging die Zeit vorbei und schon hieß es Abschied nehmen – der erste Abend in der Austauschfamilie stand bevor.

Freitag

Die noch kühlen Sonnenstrahlen kitzelten die Besigheimer am nächsten Morgen wach und gut gelaunt fanden sich alle am Collège wieder. Natürlich gab es viel zu erzählen und die betreuenden Lehrerinnen Frau Gleichauf und Frau Pschierer fragten, ob es Unklarheiten oder Probleme gebe – doch Fehlanzeige. Den Jugendlichen war es gut ergangen und so konnte die fleißig auf Deutsch, Französisch und zur Not Englisch schnatternde Gruppe wohlgemut in den Bus nach Reims einsteigen.

In dieser geschichtsträchigen Stadt wurde ein Schwerpunkt auf die Kathedrale und ihre Bedeutung gelegt. Morgens entdeckten die Schüler zunächst die Vielzahl der Statuen. Das hochgotische Bauwerk beeindruckt mit seinen 2300 Skulpturen und ist damit die meist dekorierte Kathedrale Frankreichs. Könige, biblische Persönlichkeiten, Wasserspeier, reale und fantastische Tierwesen – all dies wurde zunächst betrachtet, um dann selbst ans Werk zu gehen und eigene Statuen aus Ton zu erbauen.

Nach einer Mittagspause unter strahlender Sonne wurden die Jugendlichen aufgeteilt. Eine französisch- und eine deutschsprachige Führung durch die Kathedrale offerierte einen Blick auf die comicartigen mittelalterlichen Kirchenfenster wie auch auf die modernen Fenster, die durch Künstler wie Marc Chagall gestaltet wurden. Vor allem legte die Führung natürlich auch einen Akzent auf die historische Bedeutung der Kathedrale, in der fast alle französischen Könige gesalbt und gekrönt wurden. Hierher führte Jeanne d‘Arc (Johanna von Orleans) während des Hundertjährigen Kriegs den jungen Thronfolger Charles VII. , an diesem Ort kniete selbst der Sonnenkönig Louis XIV.  Auch Charles de Gaulle und Konrad Adenauer wählten Reims, um die Aussöhnung beider Länder voranzubringen. Auf dieser Grundlage findet heute überhaupt erst der Austausch zwischen Deutschland und Frankreich statt.

Den weiteren Nachmittag genossen die Jungen und Mädchen beim gemeinsamen Bummel durch die Straßen und Gässchen der Stadt. Zurück in Aÿ entließen die deutschen und französischen Lehrer ihre Schützlinge ins Wochenende.

Montag

Zu Beginn der neuen Woche trafen sich die Schüler auf dem Hof des Collège Yvette Lundy. Das Wochenende hatten sie teilweise zusammen verbracht, waren beim Lasergame, spielten Fußball oder liefen Schlittschuh, besichtigten Paris, entdeckten die Umgebung – es gab viel zu erzählen und alle hatten ein Lächeln auf dem Gesicht.

Angeführt von Mme Bonnet, der Schulleiterin des Collège, zog die Schülerschaft durch die Besigheimer Partnerstadt zum Rathaus. Dort wurde sie von Patrick Dudault empfangen, einem Austauschschüler der ersten Stunde, und Vincent Michel, dem Vorsitzenden des Partnerschaftsausschusses. Mit den Worten „Es lebe Deutschland, es lebe Frankreich, es lebe die Partnerschaft und es lebe die Liebe“ wurden die Jungen und Mädchen zu einem netten Umtrunk eingeladen.

Zurück am Collège stand zunächst Sport auf dem Stundenplan. In sechs Gruppen wurde Basketball gespielt. Ein Freiwurf-Wettkampf rundete das Spiel ab. Danach ging es für die Schüler in die Kantine. Und dort wartete ein großer Schock auf sie: Schnecken als Vorspeise, Froschschenkel mit Spinat als Hauptgang und Gurkentarte zum Nachtisch. So stand es im Menü geschrieben. Der Salat wurde durchsucht, der Reis mit Fisch, Kalb- oder Rindfleisch wurde umgegraben, die kleinen Törtchen und Macarons genau untersucht. Doch übrig blieb ein „Poisson d‘avril“! Ein Aprilscherz, der die deutschen Schüler kalt erwischte. Die Schulleitung hatte ihnen einen Streich gespielt.

Am Nachmittag besuchten die Besigheimer noch drei weitere Schulstunden. Nach einer Stunde „Histoire-Géo“ ging es in den Kunstraum, bis 17 Uhr hatten sie dann noch Französischunterricht. Geschafft von diesem langen Schultag stiegen die Jugendlichen mit ihren Austauschpartnern in den Schulbus ein und fuhren heim zu ihren Familien. Ein weiterer Tag voller Erlebnisse war vergangen.

Dienstag

Bereits um acht Uhr morgens hatten sich die deutschen und französischen Austauschpartner vor dem Collège versammelt, um mit dem Bus in die mittelalterliche Stadt Provins zu fahren. Sie wurde 2001 zum Weltkulturerbe der UNESCO gewählt und besticht durch ihre fast komplett erhaltene Stadtmauer, den Donjon (Wehrturm), Fachwerkhäuser und alte Steinhäuser. Provins befindet sich an der Kreuzung verschiedener Handelsrouten und galt daher früher als wichtige Marktstadt. Aus diesen Tagen stammt auch noch der Handel mit der „Rose aus Damaskus“, die heute in allen möglichen Formen  verkauft wird.

In Provins angekommen, wurde die Gruppe von „Jacques Le Gros“ empfangen, einem mittelalterlichen Bauern, der an einem Tag in der Woche die Stadtmauer Provins verteidigen muss. Er führte die Jugendlichen durch die zugigen Gänge der Festung, zeigte ihnen seine Waffen, z.B. umgearbeitete Sensen, Hellebarden oder Armbrüste, und stellte unterschiedliche Wappen vor. Er begeisterte die Schüler mit seinem derben Wortschatz, seinem Auftreten und ließ so ein bisschen Mittelalter aufleben.

Nach einem kleinen Picknick besichtigte die Schulgruppe die schöne Altstadt mit ihren vielen kleinen Gässchen und glänzenden, hellen Steinhäusern. Auf dem Marktplatz genossen einige noch ein Eis oder ein Crêpe bei kühlem Sonnenschein.

Schließlich fanden sich die Jugendlichen mit ihren Begleitlehrern auf der großen Tribüne unterhalb der Stadtmauer ein. Dort konnten sie ein wahres Spektakel miterleben: Zunächst feierte das einfache mittelalterliche Volk die Rückkehr des edlen Grafen der Champagne während eines Markttages. Der Graf brachte seiner geliebten Frau die „Rose aus Damaskus“ mit und hielt ein kleines Ritterspiel ab. Doch dann wurde es ernst, denn Provins wurde von einem Drachen und vor allem von Wilden angegriffen. Nun mussten die Ritter zeigen, ob sie dem Feind gewachsen waren. Mit vereinten Kräften gelang es schließlich, die Eindringlinge zu vertreiben, sodass zum Schluss der Sieg gefeiert werden konnte.

Pünktlich zum Höhepunkt des Kampfgeschehens waren am Himmel dunkle Gewitterwolken aufgezogen. Kaum hatte sich der Graf feiern lassen, setzten Wolkenbrüche ein, es donnerte und blitzte – das Spektakel war perfekt. Leider wurde man dabei aber nass… so versuchten alle auf dem Heimweg, im Bus so gut es ging wieder zu trocknen und sich aufzuwärmen.